Vetternwirtschaft
Elfi und Bernd erwarteten Nachwuchs. Elfi war eine sehr robuste und kräftige Frau. Bernd verdiente sein Geld als Installateur.
Regelmässig war Elfi den Untersuchungen nachgekommen. Eines Tages merkte sie, dass die Geburt kurz bevorstand. Sie setzte sich in ihren himmelblauen R4 und fuhr selbst zum Krankenhaus. Bernd war noch auf der Arbeit.
Kurz nachdem Elfi auf der Geburtsstation war, platzte auch schon die Fruchtblase. Das war doch viel zu früh! Es sollte doch erst in drei Wochen so weit sein!
Nun ja, kurz darauf gebar Elfi einen Jungen. Er war winzig klein. Bei der Geburt ging alles glatt. Elfi wollte sich gerade aufrichten, als die Hebamme sagte: “Halt, bleiben Sie mal schön liegen. Da kommt noch eins!” Elfi kam erst gar nicht dazu, sich zu empören, denn ruckzuck war der zweite Zwerg da. Noch ein Junge, und das alles innerhalb von 5 Minuten.
Die stolze Doppelmama freute sich riesig, obwohl sie mit Zwillingen nicht gerechnet hatte. Bei den Ultraschallgeräten von damals war immer nur ein Baby zu sehen gewesen. Was würde Bernd wohl dazu sagen?
Da es Ende der 60-er Jahre noch kein Handy gab, liess Elfi eine Nachbarin anrufen, um diese zu bitten, für Bernd einen Zettel an die Wohnungstür anzubringen, auf dem stehen sollte: Komme bitte sofort ins Krankenhaus. Elfi und Söhne.
Bernd kam von der Arbeit, las den Zettel und dachte: Was sind die bekloppt, Söhne…. Hahaha!
Also, schnell gewaschen, umgezogen und ab ins Krankenhaus. Elfi fieberte bereits Bernds Eintreffen entgegen. Als dieser sich durchgefragt hatte und das Zimmer seiner Frau betrat, bemerkte er neben ihrem Bett zwei Wärmebettchen. Bernd war fix und alle…. Sie hatten tatsächlich Zwillinge. Zwei kleine Burschen.
Mit seiner Logik erklärte Bernd allen Freunden, dass Zwillinge der Beweis dafür seien, dass man mit einem Arbeitsaufwand ein mehrfaches erreichen kann. Er liess dann traditionell seine “Früchtchen” doppelt pieseln und war einfach nur stolz, stolz, stolz…..
Wenige Monate später war grosses Sippentreffen anlässlich eines Geburtstages bei Oma. Man breitete eine grosse Wolldecke auf dem Boden aus und legte die Zwillinge darauf. Die beiden quiekten um die Wette und freuten sich offensichtlich über das bunte Treiben im Wohnzimmer. Endlich trafen auch Bernds Bruder mit Frau und Kind ein. Die kleine Michaela kniete sich vor die Decke, auf der die beiden Jungen lagen.
Sichtlich amüsiert betrachtete sie die beiden und sagte: “Oh, das sind ja `Zwingele`! “ Alle lachten. Bernd kniete sich zu Michaela und meinte zu der fünfjährigen: “Guck mal, das sind Deine Vetter.”
“Näääh”, sprudelte es lauthals aus Michi heraus. Sie zeigte mit ihrem kleinen Zeigefinger auf einen der Beiden und meinte: “Der ist f(V)etter!”
Sie verstand nicht, warum alle so herzlich darüber lachten und versteckte sich schelmisch unter dem Tisch.
Noch heute, nach fast 40 Jahren, errötet sie, wenn der Ausruf von allen wiederholt wird: “Näääh, der ist f(V)etter…………
(c) Christiane Rühmann