Von 1969 bis 1974 gehörte ich einer Damenfußballmannschaft an. Ich war Torhüterin. Das war nicht so mühsam, wie ständig hinter dem Ball her zu rennen und mir die Lunge aus dem Hals zu keuchen.
Na gut, also zugegeben, man hatte mich auf dieser Position eingesetzt, weil ich zu keiner anderen taugte. Dafür machte ich mich aber an der mir zugeteilten Stelle immer besser. Ich hatte sogar Fans, ehrlich….! Außerdem wären die Vereinsabende ohne mich vermutlich recht langweilig gewesen. Unsere Stürmerin Karin und auch ich spielten Gitarre und haben immer Schwung in den Laden gebracht. Zudem musste ich ständig Bierzeitungen kreieren, als Nikolaus aus dem schwarzen Buch vorlesen und Geschenke aus dem Krabbelsack verteilen. Nur Stiefeltrinken konnte ich nicht. Bei mir hat es immer geblubbt....!
Zu der Zeit war Frauenfußball noch nicht so der wahre Renner, aber es gab bereits einige Mannschaften (eigentlich müsste es ja Frauschaften heißen), die in der Kreis- oder Oberliga spielten. Wie bei allen Spielen, wurden auch hier Talentspäher eingesetzt, um geschickte Könnerinnen abzuwerben. Die anwerbenden Vereine bezahlten nicht etwa Geld, sondern es gab Ballgeschenke, Trikots oder Fußballschuhe als Ablöseertrag.
Unsere Mädels spielten immer besser. Wir kämpften uns bis unter die ersten Plätze hoch. An einem äußerst heißen Sommertag nahmen wir an einem Turnier mit insgesamt zehn Mannschaften teil. Der Wettkampf wurde auf zwei nebeneinander liegenden Plätzen ausgetragen. Puuuh, stramme Leistung, bei der Hitze. Einige Mädchen wurden vorzeitig ausgewechselt, weil sie einen Hitzeschlag erlitten hatten. Aller Kräfte ließen gegen Ende der Spiele enorm nach. Auch die, meiner Mannschaft.
Wir spielten um den Turniersieg. Man kann sich vorstellen, das wir, die letzten 22 Spielerinnen, fast nicht mehr in der Lage waren, noch ein letztes Spiel zu bestreiten. Aber wir hielten wacker durch. Dann plötzlich, Fehlpass meiner Stürmerin, die Gegnerinnen nahmen die Chance wahr, rafften all ihre Kräfte zusammen und stürmten auf mein Tor zu. Ich konzentrierte mich mächtig. Ein scharfer Schuss von rechts außen, 20 Spielerinnen vor meinem Tor und ich wurde immer länger, unglaubliche Potenz stieg in mir auf, ich sprang mit ausgestreckten Armen nach oben und fing den Ball….. Der Beifall meiner Mitspielerinnen, sowie des Trainers und der mitgereisten Fans, war meiner. Ich durfte nun keine Zeit verlieren - das Ei musste wieder weg. Also schickte ich alle wieder nach vorne und trat den Ball mit voller Wucht über die Mitte. Leider prallte er von einem gegnerischen Kopf wieder in unsere Hälfte. Ich merkte, meine Mädchen konnten nicht mehr, also setzte ich mich selbst in Bewegung, rannte dem Ball entgegen und führte ihn geschickt zwischen meinen Füssen hin und her schlenzend, auf das gegnerische Tor zu.
Mein Kasten wurde sofort von zwei meiner Mitspielerinnen abgesichert. Nun stand ich nur noch IHR, meiner großen Konkurrentin gegenüber. Karin hatte es geschafft, noch mitzuhalten und war mit mir nach vorne geprescht. Da sie aber meine günstigere Schussposition erkannte, rief sie mir zu: “Mach selbst…….!!” Ha, das war meine große Chance. Antäuschend holte ich mit meinem rechten Bein Schwung, traf den Ball ! …. und die Latte. Allerdings prallte der so ideal ab, dass ich ihn gleich wieder als Vorlage vor dem Stiefel hatte. Erneut schwang ich mein Bein und diesmal traf ich. ……….TOOOOOR!!!
Das war unser Sieg. Ich hatte als Torhüterin nicht nur bravourös gehalten, sondern auch noch eine Pille versenkt…..! Beim Elfmeter schießen hatte ich schon häufiger getroffen, aber während eines Spieles noch nicht.
Kurz nach dem Abstoß war die Zeit um und das Spiel wurde abgepfiffen. Wir hatten gewonnen!! Nicht nur das Match, sondern wir waren Turniersiegerinnen!
Lange wurde im Verein noch über mein erzieltes Tor gesprochen. Noch heute bin ich stolz darauf. Das war das beste Spiel meines Lebens ……..
CR