„Papa, wann haben endlich wieder die Geschäfte offen?“
„Wieso willst Du das wissen? Wir haben doch alles, was wir brauchen hier. Heute ist erst Samstag und am Montag öffnen die Läden erst wieder.“
„Mann, das dauert ja noch ewig! Hast Du den Bon, oder hat Oma ihn?“
„Welchen Bon?“
„Na den, von dem bescheuerten Nintendo-Spiel. Oma glaubt wohl, dass wir noch in der Steinzeit leben. Das hat doch kein Mensch mehr…“
„Nanana, nun tu ihr aber nicht Unrecht. Sie hat es doch nur gut gemeint.“
„Und was soll ich denn noch mit einer Barbie-Puppe, in meinem Alter. Die peilt voll gar nichts mehr.“
„Jajaja, ist ja schon gut, am Montag fahren wir in die Stadt und tauschen die Sachen um. Aber erzähl Oma nichts davon, sonst ist sie beleidigt.“
„Genau das ist der springende Punkt. Wenn einer mal vernünftig mit Oma reden würde, wäre das Problem für nächstes Weihnachten aus dem Weg geräumt. Ich werde es ihr sagen.“
Beverly war fest entschlossen, ihrer Oma klar zu machen, dass sie mit ihren12 Jahren nicht mehr mit Barbie-Puppen spielt und Nintendo geht auch gar nicht mehr. Viel lieber wäre ihr der MP3-Player gewesen, den ihre Freundin Lynn schon längst besass. Und Barbie….. also nee, war Oma denn nicht aufgefallen, dass sie schon fast erwachsen war?
Bev wirkte in der Tat um locker mal zwei Jahre älter, als sie war. Sie achtete darauf, immer stylisch und trendy zu sein, na eben so halt, wie es Teenager heutzutage sind. Und das musste sie ihrer Oma beibringen, wenn auch wunschgemäss – schonend. Oma wollte doch am Sonntag nochmal vorbeikommen, und dann würde sie mit ihr reden.
Pünktlich zum Kaffee erschien Oma Rieke. Bev´s Mum hatte, wie immer, den Tisch liebevoll gedeckt und einen Kuchen gebacken. Papa hatte den Kamin angefacht, um es für alle gemütlich zu machen. Während nun alle ihren Kuchen und Kaffee genossen, merkte Oma Rieke, dass Bev etwas bedrückte.
„Was ist los, Beverly? Bist Du krank“ „Nein Oma, das ist es nicht. Ich müsste mal mit Dir reden, aber Du darfst nicht traurig oder böse sein.“ Bev´s Eltern zogen die Stirn in Falten.
„Also, raus mit der Sprache. Was bedrückt Dich, Kind?“
„Oma, Du fährst doch einen grossen Wagen, Du weisst schon, einen der Teuersten, mit dem Stern“.
„Ja, das stimmt.“
„Was hättest Du gemacht, wenn Du ein Auto geschenkt bekommen hättest, was mindestens vier Preisklassen unter dem Wert Deines jetzigen Fahrzeugs gewesen wäre?“
Oma überlegte kurz und antwortete: „Vermutlich hätte ich es eingetauscht gegen das, was ich immer schon mal haben wollte, nämlich so eins, wie ich es jetzt besitze. Aber auf was willst Du hinaus?“
„Schau mal, ich bin doch jetzt kein kleines Kind mehr und ich habe mich auch wirklich über Deine Geschenke zu Weihnachten gefreut, nur scheint an Dir vorüber gegangen zu sein, dass ich fast erwachsen bin und nicht mehr mit Puppen spiele. Und technisch scheinst Du auch nicht mehr auf dem Laufenden zu sein. Man spielt heute nicht mehr dieses Nintendo. Hättest Du mich gefragt, wäre ich zu gerne mit Dir gemeinsam shoppen gegangen. Oder denkst Du etwa, dass ich noch an den Weihnachtsmann glaube?“
Rieke war ein wenig erstaunt und dachte eine Weile nach, bis sie schliesslich meinte: „Also, wenn ich Dich recht verstehe, waren meine Geschenke für Dich vollkommen falsch gewählt? Und nun möchtest Du, dass Du sie umtauschst gegen etwas anderes? Ich habe verstanden!“ Sie machte eine kleine Pause, holte tief Luft und lächelte.
„Hmm, lass mal nachdenken. Wie wäre es denn mit Montag Vormittag? Du hast doch noch Ferien. Die Kassenbelege habe ich noch in der Tasche. Soll ich Dich gegen 11.00 Uhr abholen zum ‚Umtauschbummel‘? Dann können wir ja anschliessend beim Italiener noch eine Pizza essen gehen. Ist das o.k.? Dabei kannst Du mir ja dann etwas mehr über Eure Jugendtrends berichten. Schliesslich bin ich ja noch lernfähig.“
Beverly jubelte, sprang so hastig auf, dass der Stuhl hinter ihr umkippte, fiel ihrer Oma um den Hals und gab ihr einen dicken Kuss auf die Wange. Die Eltern lächelten und atmeten erleichtert auf.
„Danke Oma, Du bist die Beste!“
Wie verabredet, stand Oma Rieke am Montag gegen 11.00 Uhr mit ihrem Superfahrzeug vor der Tür und holte Bev ab. Nachdem sie all ihre Erledigungen getätigt hatten, setzten sie sich gemütlich in eine Pizzeria und schlemmten, bis sie fast platzten. Bev schwärmte Oma Rieke vor, was heute so im Trend liegt. Sie kamen sich an diesem Tag mächtig nahe und beschlossen, solche Einkaufsbummel häufiger zu wiederholen…….
(c) Christiane Rühmann
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