Urlaub in Italien.....

Diese Geschichte hat sich im Jahr 1964 ereignet, als ich gerade mal 9 Jahre alt war. Wie jedes Jahr fuhren meine Eltern mit uns in Urlaub, genauer gesagt, mit einem Teil unserer Familie. Meine beiden ältesten Brüder waren bereits so erwachsen, dass sie alleine zu Hause bleiben konnten und wollten. Es war sicher nicht einfach, für unsere Eltern, uns jedes Jahr einen Urlaub zu ermöglichen, bei 5 Kindern…. Hinzu kam, dass mein Vater mehr als 80 % kriegsversehrt war und daher nur 6 Stunden täglich arbeiten konnte. Trotzdem hat es immer irgendwie gereicht. Wir hatten ein eigenes Haus, einen großen Garten, in dem Gemüse, Kartoffeln und Obst sowie Beeren, prächtig gediehen. Das war zwar eine Menge Arbeit, aber machte auch Spaß und hielt die Lebenshaltungskosten auf einem erträglichen Niveau. Auch besaßen wir zeit meines Lebens ständig ein Auto.

1964 war es noch ein VW-Käfer. Booah, hatte dieses Auto viel mitgemacht. Wenn es in den Urlaub ging, baute mein Vater einen Dachgepäckträger auf den Wagen, auf dem das große Familienzelt, ein zusammen gefaltetes Schlauchboot und noch ein paar Koffer Platz fanden. Schlafsäcke, Decken, Proviant, Geschirr usw., wurden in dem kleinen Kofferraum bzw. auf der Rückbank, auf der wir Kinder saßen, untergebracht. Oftmals war es schon eine sehr enge Angelegenheit, aber heute empfinde ich es als urgemütlich, wie wir damals gereist sind.

Es sollte diesmal nach Italien gehen, genauer gesagt nach Pineta, einem Campingplatz in der Nähe von Ravenna, weil hier eine Freundin meiner Mutter mit ihrer Familie jedes Jahr mit ihren beiden Kindern, die im Alter meiner Brüder waren, ebenfalls Urlaub machten. Da es eine weite Reise war, und meine Mutter keinen Führerschein besaß, übernachteten wir unter freiem Himmel, weil mein Vater auch ausruhen musste. Als wir abends spät alle zur Ruhe gekommen waren, waren meine Eltern glaube ich, sehr erleichtert. Plötzlich gab es einen Höllenlärm, alle schreckten wieder auf und hielten sich die Ohren zu. Wir hatten unser Quartier neben einem Eisenbahngleis (!) aufgeschlagen. Naja, das war nicht so toll.

Am anderen Morgen ging die Fahrt weiter. Unser Herbie quälte sich die Alpen hoch. Manchmal brauchte er auch einige Liter Wasser, weil der Kühler an zu kochen fing. Spannend was das allemal. Hoch oben auf dem Pass, gab es noch Gletscher. Wir stiegen aus und ich konnte es kaum fassen, dass wir mitten im Sommer eine Schneeballschlacht machen konnten. Auf einmal standen ein paar Gämse um uns herum. Ich lief quiekend vor Angst zu meiner Mutter und versteckte mich hinter ihrem Rockzipfel. Alle lachten mich aus und wollten mich bewegen, diese niedlichen Bergziegen doch auch mal zu streicheln. Es hatte mich einige Überwindung gekostet, aber schließlich habe ich sie doch berührt und fand das ganz toll.

Als wir am Nachmittag in Pineta ankamen, stürmten meine Brüder gleich los, um den Campingplatz zu erkunden. Ich musste brav bei meinen Eltern bleiben, die sofort begannen, das Zelt aufzubauen und half dabei, das Auto auszuräumen. Anschließend pustete ich erstmal meinen Enten-Schwimmreifen sowie den Wasserball auf und legte meine übrigen Strandutensilien wie Eimerchen, Förmchen und Schüppchen zurecht, um für den anderen Tag gerüstet zu sein. Als dann irgendwann nach ca. einer Stunde meine Brüder wieder zurück kamen, wussten sie viel zu berichten. So zum Beispiel, dass sie unsere Bekannten bereits ausfindig gemacht hätten und -noch viel schlimmer- einen unserer Lehrer von der Volksschule mit seiner Familie, denen ebenfalls dieser angenehme Ort wohl bekannt war. Mann, das musste ja nun wirklich nicht sein! Urlaub, und dann noch schnarchende Pauker am selben Ort! Na ja, egal, ich wollte diese Ferien einfach nur genießen und mir nicht durch andere die lang ersehnte Zeit vermiesen lassen.

Nachdem das Zelt stand, und jeder seinen Schlafplatz eingerichtet hatte, begaben sich auch meine Eltern mit mir auf eine Erkundungsrunde, während die Jungs bereits längst wieder unterwegs am Strand waren. Die hatten es gut, sie waren immerhin 5 und 7 Jahre älter als ich und genossen deutlich mehr Freiheiten. Sie hatten mir allerdings versprochen, mich am nächsten Tag mit zum Strand zu nehmen und mit mir baden zu gehen. Da war ich wieder friedlich gestimmt.

Doch was war das denn? Ach du Schande, noch ein Lehrer mit seiner Familie! Ja war denn hier ein Nest? Und diese blöden Sprüche: “Na Christiane, da hast Du aber eine weite Reise hinter Dir. Gefällt es Dir hier?” Blöde Frage. Am liebsten hätte ich geantwortet, dass es mir ohne deren Anwesenheit besser gefallen würde. Jedoch war ich da zu wohl erzogen zu. Also schwieg ich. Trotzdem verlebten wir hier drei wunderschöne Wochen Urlaub. Es war oft zu heiß, um am Strand zu hocken und Sandburgen zu bauen, also hielten wir uns um die Mittagszeit oft am Zelt auf, das sehr schön beschattet durch die zahllosen Pinien war. Oft fuhren wir auch in Städte, wie z.B. nach Ravenna, um uns kulturell zu berieseln. Alte Kirchen, mit ihren winzigen Mosaiken und ihren Rundbögen, standen dann auf dem Programm oder einfach nur ein Eis essen.

Da gab es noch ein Geheimnis, das ich niemandem verraten durfte. Die Campingplatzbetreiber waren in dem Glauben, dass wir nur drei Personen eingecheckt hatten. Meine Brüder hatten wir reingeschmuggelt, bzw. sie gingen immer zu Fuß raus und rein, während ich mit meinen Eltern im Auto fuhr. Das fand ich total spannend. So hatten wir doch einiges an Platzgebühr gespart. Das durfte allerdings niemand wissen.

Am Strand befand sich ein riesiges Gerüst mit einigen Schaukeln. Es brauchte endlos lange, bis man so richtig in Schwung war. Dafür machte es aber doppelt so viel Spaß, vom höchst erreichten Schaukelpunkt an, abzuspringen und in den wunderschönen weichen und weißen Sand einzutauchen. Tagsüber hatte man hier eine ganz schön lange Wartezeit, um dran zu kommen, und abends war dies ein Privileg der Jugendlichen, sich mit ihren Weitsprüngen zu messen und dabei Musik, z.B. “heißer Sand und ein verlorenes Land….” aus einem Transistorradio zu hören. Ach, wäre ich doch da bereits ein paar Jahre älter gewesen… seufz. Ich glaube, meine Brüder waren da zum ersten Mal verliebt, hihi.

Jedenfalls war dies ein Urlaub, der mir oder uns noch sehr lange im Gedächtnis geblieben ist. Und immer, wenn im Radio “heißer Sand” lief, fingen die Jungen an zu schwärmen…….

……Und die vielen Bekannten, die man bei so einem Urlaub trifft..…! Man kommt sich irgendwie vor, ……wie zu Hause, wären da nicht doch die Pinien, das Meer, der Strand, die ständig gestikulierenden Italiener, das leckere Eis, der heiße Sand …und…und….und...gewesen.

CR