Also, für mich war die Zeit auf den Dörfern sehr erlebnisreich.
Wieder eine Episode mit Willi:
Eines Abends hatten wir in derselben Dorfkneipe vereinbart, dass wir ein Fussballspiel austragen wollten, für das wir von jedem Zuschauer 5,00 DM als Eintritt nehmen wollten, die der Kinderkrebshilfe in der nächst grösseren Stadt Eutin zugunsten kommen sollten.
Mittlerweile hatte man spitz gekriegt, dass ich jahrelang als Torhüterin in meinem Damenfussballverein im Rheinland aktiv gewesen war.
Aus diesem Grund wurden an einem Kneipenabend auf dem Dorf bereits Mannschaften aufgestellt, bei denen ich in der einen als Torhüterin tätig sein sollte.
Wow, war das aufregend, die Dorflümmel dabei zu beobachten, wie sie ihre Persönlichkeiten auf die einzelnen Mannschaften aufzuteilen versuchten.
Wie gesagt, ich gehörte nicht deren “Dorfklüngeln” an und galt als Aussenseiter.
Als sie aber erfuhren, dass ich erfolgreich 5 Jahre Damenfussball im Tor verlebt hatte, und dass noch bei einer hier im Rheinland sehr erfolgreichen “Frauschaft”, wurden sie alle messerscharf und rissen sich darum, mich als Torhüterin in ihrer Mannschaft zu beschäftigen.
Die Planung stand also, und das musste man standesgemäss in der Dorfkneipe begiessen.
Wir hatten den Termin ausgemacht und den Fussballacker reserviert. Ordentlich wurde die Werbetrommel gerührt, und es gab einige Leute, die glaubten, mit ihrer Titischrift Plakate hierfür auf die Beine stellen zu können.
Sie schnitten “genormte” Streifen von einer Tapetenrolle ab und setzten in grossen Lettern das Datum des Ereignisses darauf:
” Am Sontag, den 22. August in diesem Jahr, findet unser Tornier auf dem Sportplatz Lüttenbrake statt. Eintritt ist 5,00 DM. Es gibt Würstchen und Senf zu kaufen”.
Ich konnte es kaum fassen! Das Plakat ging tatsächlich so in Vervielfältigung!- und zudem noch unter meine eigene Gürtellinie!
Der Tag rückte an, die Mannschaften waren aufgeteilt, und ich spielte natürlich “gegen” meinen späteren Mann.
Rücksichtslos, wie Dorftrottel nun mal sind, versuchte man mir natürlich ein Tor nach dem anderen reinzubrettern. Doch eins hatten sie verkannt: Ich war Profi!
So kam es, dass nach der regulären Spielzeit meine Spielgemeinschaft mit 7 : 5 Toren gewonnen hatte.
Der Zorn meines Mannes war mir gewiss und die Wertschätzung seiner Teamkollegen ebenfalls.
Nix mit 'Kuscheln' heute Abend - das war´s!
Das Spiel wurde gut besucht. Etwa 200 Zuschauer säumten das Spielfeld.
Als Respektperson gab sich natürlich auch WWW (world-wide-willi) die Ehre. Er sorgte dafür, dass Bengt Larsson nicht mit seinem Fahrrad über das Spielfeld raste, oder dass Frauke nicht ständig über dem Geländer am Spielfeldrand ihre Purzelbäume schlug.
Als er sein Tageswerk vollbracht hatte, ging auch er zur normalen Tagesordnung über und bestellte sich im Zelt ein grosses Bier. Dieses erhielt er ohne eigene Zahlung als “Dienstleistungszuweisung”.
Gegen 19.00 Uhr begann es leicht zu regnen und so begab sich die gesamte Sportplatzgesellschaft in die nahe gelegene Dorfkneipe. Das Spiel, was dann begann, habe ich ja bereits in meiner vorhergehenden Geschichte beschrieben.
Doch dieses Ereignis sollte alle Rahmen sprengen!
Willi erreichte ein Anruf beim Kneipenwirt vom Pfarrer aus der Nachbargemeinde.
Jemand hätte den Beichtstuhl aus der Kapelle gestohlen und mitten auf den Marktplatz gestellt und darin eine Kerze angezündet. Willi solle sofort kommen und sich um Aufklärung bemühen!
Haah, dachte Willi, und begab sich ohne Mütze, Koppel und Jacket auf den Weg zum Nachbarort.
Das war schliesslich eine ernst zu nehmende Straftat. Er wollte sich zu seinem Dienstfahrrad begeben, aber ich bot ihm an, ihn zu seinem Einsatzort mit meinem PKW zu fahren, nicht zuletzt deshalb, weil ich kneipengesprächsmässig mitbekommen hatte, wer für dieses Dilämma verantwortlich war, und herausfinden wollte, wie Willi seine Ermittlungen durchführte.
Wir kamen also bei der kleinen Kirche an, auf dessen Vorhof sich der Beichtstuhl befand.
Man hatte diesem eine Schleife umgebunden und er sah irgendwie “niedlich” aus auf seinem Platz.
Der Pfarrer zeterte sogleich los, als Willi aus meinem Fahrzeug ausstieg.
Willi wollte sich Notizen in seinen Block machen, den er immer in seinem Jacket mitführte, doch da fiel ihm auf, dass er seine Jacke ja gar nicht bei sich hatte.
Ich erkannte Willi´s Not, holte aus dem Handschuhfach Block und Stift und übergab sie ihm.
Willi notierte alle Einzelheiten, die der Pfarrer ihm mitteilte, ohne zu ahnen, dass ich genau wusste, wer die Scherzbolde waren, die den Beichtstuhl auf den Marktplatz befördert hatten.
Er nahm die Aussage des Pfarrers akribisch genau auf, stellte unnütze Fragen und notierte jede Kleinigkeit. Schliesslich befahl er den Gaffern, den Beichtstuhl in die Kapelle zurück zu setzen, was diese auch wehr- und wortlos taten.
Willi hatte alles perfekt geregelt!
Erhobenen Hauptes fuhr er zurück, mit mir, in die Dorfkneipe und gab seiner Zufrieden- und Fähigkeit Ausdruck dadurch, dass er eine Thekenrunde ausgab.
Danach wurde er durch die “Blume” auf die Täter der Begebenheit aufmerksam gemacht, was er jedoch nicht mehr wirklich registrierte. ER hatte den Beichtstuhl gerettet und ER hatte ihn wieder an seinen PLATZ schaffen lassen.
Geplanterweise schnallte er das allerdings alles nicht mehr, fuhr -wie immer- mit seinem “Dienstfahrzeug” (dem Fahrrad) nach Hause und verfasste am nächsten Tag einen “undurchsichtigen” Polizeibericht.
Die Tageszeitungen waren am nächsten Tag voll von dieser Begebenheit und lobten Willi dafür, dass er gleich dafür gesorgt habe, dass das "Möbelstück Gottes" wieder an seinen Platz gelangt war....
World-wide-willi war wiedermal der Held des Dorfes...
(c) Christiane Rühmann
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