„Lebensberatung
Christiane Rühmann“
Ich leite eine Agentur
für Fragen und Antworten in jeder Lebenssituation.
Ihr glaubt ja gar nicht,
was einen da so erwartet.
Die Menschen haben wohl
keine andere Aufgabe im Leben, als sich nur durch Ratschläge durchs Leben bringen
zu lassen.
Mein Telefon steht nicht
still:
„Hallo, ich heisse
Elisabeth Kramer, ich habe einen Hund, der nicht mehr vor die Türe will. Das
Wort ‚Gassi‘ kann ihn nicht mehr reizen. Was soll ich denn nur tun?“
„Wie alt ist Ihr ‚Kö..‘…ääähh
Hund, wie heisst er denn gleich, denn?“
„Struppi ist 17 Jahre alt
und recht mollig. Wissen Sie, ich bin auch nicht mehr die Jüngste, bin jetzt 83
und es fällt uns beiden immer schwerer, unsere täglichen Spaziergänge zu machen….
Was raten Sie uns denn?“
Mir stehen die
Schweißperlen auf der Stirn. Was soll ich ihr raten? Ich überlege kurz und
frage sie, wie groß denn ihre Wohnung sei. Sie antwortet wie aus der Pistole
geschossen:
„Wir besitzen ein Haus
mit einem Garten von 700 qm!“
„Wo, liebe Frau …äähh,
Kramer, liegt denn Ihr Problem bitteschön? Sie haben doch auch sicher einen
Gehilfen, der Ihr Grundstück pflegt, oder?“
„Ja, das habe ich, aber
was hat er damit zu tun?“
„Ganz einfach: Ihr Struppi
kann doch in den Garten, oder? Die kleinen Geschäfte fallen eh nicht auf und
die größeren müssen Sie auf der Straße ja auch wegmachen. Wenn Sie Struppi jetzt
in den Garten gehen und seine Geschäfte
machen lassen, bekommt der Gärtner die kleineren Erledigungen sowieso nicht mit
und für die geschäftsmäßig grßeren Objekte zahlen Sie ihm einfach 10 € mehr,
damit er die ‚Häufigkeiten‘ entsorgt. Was halten Sie davon?“
„Oh, Frau Rühmann, Sie sind
genial, das ist eine tolle Idee. So werde ich es machen. Vielen Dank. Bitte
teilen Sie mir noch Ihre Kontonummer mit, damit ich Ihnen Ihre Empfehlung
bezahlen kann.“
Das hörte ich gerne. Das
Telefon klingelt erneut.
„Christiane Rühmann,
Lebensberatung zu allen Fragen.“
„Schröder, Marcel
Schröder. Ich bin der Lebensgefährte von Ihrer Freundin Marions Schwägerin
Nicole. Marion hat gemeint, Sie könnten mir evtl. einen Rat geben. Ich glaube,
Nic hat einen Lover und darüber bin ich total unglücklich. Ich kann machen was
ich will, alles ist falsch! Sie ist launisch und ärgert sich, wenn ich nicht so
spure, wie wir es in der Zeit, also in den letzten 6 Jahren, wo wir zusammen
sind, gehandhabt haben. Neuerdings ist alles falsch, was ich tue. Haben Sie
einen Rat?“
„Marcel, ich darf Dich
doch Marcel nennen? Seit wann geht das denn so?“
„Etwa seit 8 Wochen. Ich
habe keine Erklärung dazu. Sie benimmt sich total bescheuert. Das ist nicht
meine Nicole. Manchmal verschwindet sie sogar ins Bad…..“
„Ach Marcel, das ist
immer so bei Mädels, die schwanger sind. Die Hormone spielen verrückt, Schweiß
bricht aus, Streit häuft sich und die Gänge ins Badezimmer häufen sich…“
„Was willst Du damit
sagen Chris? Denkst Du sie ist…., wir sind…, ich meine sie könnte schwanger
sein?“
„Ja Marcel, frage sie. Geht
zum Arzt. Die Symptome sind eindeutig. Viel Erfolg!“
„Yippieeh!!! ….Äaahh, die
Überweisung erfolgt in den nächsten Tagen…! Ciao Chris und danke…!“
Ich grinse. Ist das nicht
schöööön? Es klingelt erneut:
„Lebensberatung
Christiane Rühmann, was kann ich für Sie tun?“
„Hier ist Leoni. Du
kannst Du zu mir sagen. Ich bin 11 Jahre.“
„Hallo Leoni. Was kann
ich denn für Dich tun?“
„Ich habe einen kleinen
Bruder, Kevin. Er ist krank. Kevin hat keine Haare mehr. Er hat Krebs. Du
kennst uns doch aus dem Park. Da gehst Du immer mit „Balto“, Deinem kleinen
schwarzen süßen Hund spazieren. Kevin und ich haben ihm auch schon Stöckchen werfen
dürfen. Erinnerst Du Dich?“
„…bist Du das kleine
Mädchen, das seinen Bruder immer im Rollstuhl schiebt?“
Mein Gedächtnis begann zu
arbeiten. Ich erinnerte mich an die Kinder. Ich war ihnen oft begegnet im Park.
Normalerweise mag Balto keine Kinder. Hier hatte er aber merkwürdigerweise anders
reagiert. Er hatte sich an den Rollstuhl des kleinen Jungen herangeschlichen,mit
dem Schwanz gewedelt, geschnuppert und
sich plötzlich auf die Hinterpfoten aufgestellt, um dem Jungen seine Hände zu
lecken.
Mir kamen damals Tränen
in die Augen. Da Balto aber nur wochenweise bei mir lebt, habe ich das bald
vergessen, denn seit meiner eigenen ‚irritierten Gesundheit‘ beschäftigten mich
andere Dinge, wobei Balto doch eher als Therapie für mich selbst diente.
Nun wurde ich also wieder
an das Geschwisterpaar erinnert und auf die traurigen Umstände aufmerksam
gemacht, als die zaghafte Stimme am Telefon meinte:
„Kannst Du uns helfen? Kevin
will doch nur einmal noch, bevor er stirbt, ein eigenes Feuerwerk haben. Nur
für sich, auch wenn nicht Silvester oder so was ist….“
Ich fingerte nach einem
Taschentuch, ließ mir jedoch meine Emotion nicht anmerken.
„Leoni, kann ich vielleicht
darüber auch mit Deiner Mutter sprechen?“
„Nein, nein, das möchte
ich nicht! Bitte, Mama ist sowieso so traurig, seit Papa uns verlassen hat. Es
soll eine Überraschung sein – für Kevin! Deine Telefonnummer habe ich von
unserer Nachbarin bekommen, Du weißt schon, Baltos Freundin, die Tina, mit der
er immer herumtollt. Ihr Frauchen hat gesagt, dass Du immer Rat weißt. Kannst
Du ein Feuerwerk machen, ein richtig schönes? Kevin wird seinen Geburtstag, an
dem er 6 würde, in 3 Monaten nicht mehr
erleben….“
Feinspührig, wie Kinder
sind, bemerkte Leoni, dass ich weinte. Ich konnte es nicht verbergen.
„He“, meinte sie, „Du
sollst nicht auch noch traurig sein. Wirst Du uns helfen?“
Ich raffte meine Kraft
zusammen:
„Ja Leoni. Das mache ich.
Versprochen!“
Ich habe viele Internetfreunde
und/oder –Bekanntschaften. Ich startete einen Aufruf – auch wenn es für viele
Net-Benutzer verpönt ist, es gibt auch GUTE unter den Usern.
Bald schon, genau genommen
nach 20 Stunden, erhielt ich eine Antwort von einem Pyrotechniker. Er hatte
meine Anfrage und deren Grund gelesen. Telefonisch hatten wir uns abgesprochen
und seine Firma hatte sich entschlossen, ein kleines Feuerwerk zu sponsorn.
Ausübendes Organ war der Mensch, der meinen Hilferuf ernst genommen und sich
mit mir in Verbindung gesetzt hatte.
Wir besprachen alle
Details und mit Leonis Hilfe das entsprechende Datum, an dem das Himmelsfeuer
stattfinden sollte.
Kevins und Leonis Mama
konnte es nicht fassen.
„Hab ich doch gesagt,“ jubelte Leoni, „die Christiane vom Balto hilft
uns!!“
Kevins müde und trübe
Augen leuchteten ein letztes Mal auf. Sein Wunsch war ihm erfüllt worden – das Feuerwerk
für Kevin. Seine Buchstaben hatten am Himmel gestanden „ K E V I N .“
Ich konnte nur einen
kleinen Beitrag dazu leisten, einen kleinen Jungen, kurz vor seinem Tod,
glücklich zu machen.
Könnt Ihr das auch?
Kevin ist leider 1 ½ Jahre
nach dem tollen Feuerwerk verstorben. Es gab keine Rettung mehr. Aber es gibt
Hoffnung: Menschen, wie Du und ich können helfen, Wünsche zu realisieren…
© Christiane Rühmann
(Dank an den Pyrotechniker, der nicht genannt werden will)
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