Anfang der 70-er Jahre, während meiner Ausbildung zur Justizangestellten beim Amtsgericht, ergaben sich auf Grund meiner guten Leistungen für mich Möglichkeiten, aus dem tristen Justizalltag mehr zu machen. So wurde ich z.B. auserwählt, Protokolle während Abschiebungs-Sitzungen zu schreiben. Das geschah immer dann, wenn die Polizei unangekündigt illegale Ausländerunterkünfte aufsuchte und die dabei ohne gültige Aufenthaltspapiere ertappten Personen in ihre Heimat abschieben musste. Auch zu einer Leichenöffnung habe ich mich freiwillig gemeldet, um einfach n i c h t s versäumt zu haben. Ausserdem gab es hierfür zusätzlich Geld für den Friseur und die Kleiderreinigung, da man den Geruch nach einer Sizierung nur sehr schwer los werden kann.
Um zu den entsprechenden Örtlichkeiten zu gelangen, wurden stets Polizeifahrzeuge geordert, die einen Richter, und oder einen Rechtspfleger, sowie auch meine Wenigkeit samt Schreibmaschine und benötigtem Equipment von A nach B zu bewegen. Abschiebungen fanden grundsätzlich nur abends statt. Da zu meinem Heimatort jedoch der letzte Bus am Abend bereits um 20.30 Uhr fuhr, hatte das Gericht dafür Sorge zu tragen, dass ich ordentlich nach Hause kam. Oft dauerten die Unternehmungen bis 22.00 oder 23.00 Uhr.
Oftmals waren es die selben Beamten, die mich heimwärts begleiteten oder auch zu anderen Ortsterminen chauffierten.
So entstand im Laufe der Jahre zwischen manchen von ihnen und mir eine gewisse Freundschaft. Man unterhielt sich logischerweise auch über private Dinge. Ausserdem blieb mir damals auch nicht verborgen, dass mancher junge Polizist an mir ein persönliches Interesse hatte, was ich natürlich überaus genoss, zumal die Herren in Uniform recht schneidig aussahen.
So ergab es sich, dass ich gefragt wurde, ob ich schon mal eine Waffe in der Hand und auch damit geschossen hätte. Ausser einem Luftgewehr, mit dem wir in unserem Garten auf lästige Spatzen und mit Diabolos geschossen hatten, hatte ich natürlich noch keine Waffe in den Händen gehalten. Neugierig war ich schon, wie es sich anfühlen würde, eine “echte” Waffe auszutesten.
So wurde ich also eingeladen, einige junge Sheriffs zu ihrem Schiessstand zu begleiten, um dort meine Fähigkeiten einmal zu prüfen. Natürlich war dies nicht offiziell erlaubt, aber gerade das machte für mich das Angebot so reizvoll.
Es war irre! Ich durfte schiessen! Ohne Jagd-, Waffen- oder Schiesserlaubnis!
Aber das war ja noch nicht alles. Da ich beabsichtigte, mit 17 Jahren mit meinem Führerschein zu beginnen, meinten die jungen Herren, dass ich ja schon mal üben könne, quasi unter Polizeischutz. Hhmm, heikles Angebot, aber es gab nichts, was ich nicht getan hätte, um mir nicht irgendwann einmal vorzuwerfen, dass ich es nicht getan hätte. ….
Sie staunten aber nicht schlecht, als sie bemerkten, dass Auto fahren für mich nichts Neues war. Perfekt legte ich den Gang ein und fuhr los, schaltete um und wurde immer schneller. “Aha”, meinten sie: “Ok, dann eben jetzt mal mit Blaulicht”.
Boah, das hat Spass gemacht, ich sag´ es Euch. Natürlich wollten sie wissen, woher ich denn so gut fahren könne, wo ich doch noch nicht einmal 17 war. Ich erzählte, dass ich vier ältere Brüder hätte und dass jeder von ihnen immer von mir das Auto geputzt haben wollte. Als Gegenleistung dafür durfte ich dann immer eine Runde mit deren Autos fahren, und das bereits seit meiner frühesten Jugend.
Als ich knapp ein Jahr später mit 17 meinen Führerschein machte, meinte auch mein Fahrlehrer zu mir: “Alter Schwarzfahrer……” . Die sechste Fahrstunde war gleichzeitig meine Prüfungsstunde, obwohl ich in Theorie eine Ehrenrunde drehen durfte.
Dies kann ich heute alles ohne Angst vor strafrechtlicher Verfolgung erzählen, da diese Abenteuer längst verjährt sind. Nur meine Erinnerungen daran sind noch so lebendig wie eh und je……
CR
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