Während meiner “irritierten Gesundheit” habe ich sehr viele Menschen
und Schicksale kennen gelernt.
Ich für mich hatte beschlossen, m i t dem Krebs in Harmonie zu leben
und nicht zu verzagen.
Auch habe ich ein Abkommen mit GOTT getroffen. Es besagt, dass meine Aufgabe darin bestünde, hier erst mal noch alles ordentlich wuschelig zu machen, ich sei ihm einfach noch zu stressig. Er könne mich noch nicht in seinem Reich gebrauchen.
Nichts, was ich lieber täte, dachte ich und machte mich von negativen Zügeln
frei.
Noch auf der Onkologie fielen sie mir auf, die “kranken Kranken”.
Mir ist bewusst, dass es ziemlich makaber klingt, wie ich über KREBS denke und rede.
Ich habe mir auf die Flügel geschrieben, andere betroffene Menschen aufzu-
heitern und ihnen mit meiner freien Art wieder Lebensmut zu geben.
Manche nahmen meinen Frohsinn an, andere wurden ärgerlich und meinten,
dass man “das”, an dem wir litten, und in fast allen Fällen war es Brustkrebs,
doch nicht so einfach auf die leichte Schulter nehmen könne, und dass ich
“das” doch bitte etwas respektvoller behandeln sollte.
Daraufhin habe ich eine besonders “kranke Kranke” gefragt, wie man das denn wohl nenne, was man ihr aus ihrem Brustkorb entfernt hatte.
Sie reagierte sichtlich nervös und platzte fast vor Wut. Weglaufen konnte sie
ja nicht, weil sie genau wie ich, in der Chemotherapie-Runde saß und Dropje für Dropje das Edelgift in ihre Venen tropfen ließ.
Ihre Chancen standen immerhin 80 : 20, dass der Krebs nicht zurückkehren
würde, wobei meine Chancen nur bei 35 : 65 lagen.
Das Pflegepersonal, die Ärzteschaft und sogar der Professor kannten meinen Humor und haben stets geschmunzelt, wenn ich wieder irgend einen neuen Streich gespielt hatte oder meine Scherze machte. Ja, oftmals zeigten sie mir einen nach oben zeigenden Daumen. Langweilig war es mit mir niemals, vielleicht eher wirklich ein wenig stressig ..... aufgrund meiner guten Laune.
Leider erhielt ich auch Daumen, die nach unten zeigten. Nicht selten bekam ich zu hören, dass ich ein krankes Gehirn habe.
Ich entgegnete dann immer: “Gehirn ja, krank nein!”
Bald hatte ich ja auch schon keine Haare mehr. Zwar besaß ich eine teure Perücke, trug sie aber so gut wie nie.
Ich bevorzugte Piratentücher in allen Farbvariationen. Das fiel natürlich sehr vielen Leuten auf, aber niemand traute sich, mich anzusprechen, so, als sei Krebs ein Tabuthema, ebenso wie Sex oder Geld und Kirche.
So passierte es, dass mich -ich nehme an aus Neugier- einige Anrufe zu Hause erreichten, von Leuten, die wissen wollten, wie es mir geht.
Seltsamerweise hatte ich von Ihnen jahrelang nichts gesehen oder gehört. Sie waren einfach von meiner Bildfläche verschwunden.
Sie fragten also: “Wie geht es Dir? Ich habe gehört……. usw.”. Als ich dann gerade Atem holte, um zu erzählen, sprudelten aus dem Hörer Worte heraus wie: “Ja, weißt Du, mir tut auch gerade meine Schulter so weh” oder “meine Migräne bringt mich noch um”, oder etwa “stell Dir vor, ich muss jeden Tag in die Ambulanz…………..” !!!!!!
Gööööbel!! Ich erwiderte ihnen allen, dass sie mich mal gerne ….. wieder anrufen könnten, wenn sie geheilt seien und habe umgehend das Gespräch beendet, denn die waren ja wohl wirklich krank, oder?!
Nur einer dieser Anrufer hat Wochen später nochmals angerufen und sich für ein unüberlegtes Geschwafel entschuldigt. Mit solchen Menschen kann man arbeiten. Wir telefonieren heute öfters oder gehen auch mal gemeinsam aus.
CR