Was kochen zu Weihnachten (Ähnlichkeiten mit der Geschichte sind tatsächlich Wahrheit, Weihnachten 2009)
Emmely erwartet ihre Kinder aus dem Schwarzwald zu Weihnachten bei sich in Köln. Endlich sollte sie ihr Enkelkind Jonas, der gerade mal 4 Monate alt ist, sehen. Sie freut sich unglaublich auf ihren Sohn, die Schwiegertochter, das Enkelkind und ihre Tochter Mona, die bei ihrem Sohn Tobi lebt, weil sie in Tübingen studiert.
Die Geschenke hatte sie alle bereits besorgt. Ein puscheliges Schaukelpferd für Jonas, einen selbst gestrickten modernen Schal für Mona, Lukas, ihr Sohn erhielt einen Schlüsselanhänger mit einem Foto seines kleinen Sohnes, den sie mit einem Foto anfertigen ließ, das ihr die Kinder per email geschickt hatten. Lena, ihre Schwiegertochter, sollte ein Kochbuch erhalten, das Emmely von ihrer Mutter geerbt hatte. Selbst die Hotelzimmer hatte sie bestellt und bereits im Voraus bezahlt, weil ihre Wohnung zu klein war, um alle zu beherbergen.
Alles war bestens vorbereitet, bis auf das Essen. Was wollte sie kochen? Was sollte sie kochen? Sie hatte keine Ahnung, was ihre Kinder mittlerweile an Gewohnheiten abgelegt hatten, oder wie sich in ihren Essgewohnheiten verändert hatten. Sie zu fragen, fand sie doof und einfaltslos. Also entschloss sie sich, das zu kochen, von dem sie glaubte, dass es allen schmecken würde.
Emmely kaufte Rotkohl, allerdings nicht im Glas, sondern als ‚Kappes‘. Sie wollte ihn selbst zubereiten. Sie kaufte Kartoffeln, um Klöße selbst zuzubereiten, holte beim Schlachter Brühe, um eine geniale Soße zu ihren Braten perfekt kreieren zu können.
Einen Tag vor Heiligabend begab sie sich an die Vorbereitungen. Sie kochte die Kartoffeln an, um sie später durchzudrehen, schnitt das Rotkraut, würzte es und ließ es sanft garen. Aber was war mit Fleisch? Was wollte sie für einen Braten dazu machen? Zu Knödel und Rotkraut passt alles: Ente, Rinder-, Schweine-oder Geflügelbraten. Nichts von allen Zubereitungsarten war ihr fremd, nur die Geschmäcker ihrer Kinder waren es auf einmal! Sie mochte nicht extra anrufen und nachfragen, also beschloss Sie, von allem etwas zuzubereiten.
Am nächsten Morgen, der letzten Möglichkeit, sich mit Bedürfnissen zu Weihnachten einzudecken, begab sie sich zu ihrem Supermarkt. Der Markt, wo man ‚aldi‘ Dinge bekommt, die man zum Leben braucht, hatte bereits um 11.00 Uhr seine Truhen leer. Emmely zog weiter zum nächsten Discounter, wo man etliche ‚Penny´s‘ sparen kann, stellte jedoch fest, dass auch dort bereits gehamstert wurde. Nach etlichen Durchläufen sämtlicher Discounter in ihrer Umgebung, ließ sie ihre Not zuletzt im Einzelhandel landen. Dort erwarb sie dann letztendlich alles, was sie sich für ein Weihnachtsmahl mit ihren Lieben erstehen konnte. Teuer zwar, aber egal.
Zufrieden fuhr sie nach Hause, legte das vielfältige Fleisch ein, setzte sich erschöpft auf die Couch. Zufriedenheit umgab sie. Was sollte jetzt noch das Fest vermiesen?
Am Heiligabendmorgen stand Emmely rechtzeitig auf, um das Essen für den Abend vorzubereiten. Sie hatte am Vorabend bereits die kleine Nordmann-Tanne in ihren Ständer verfrachtet und liebevoll mit den Strohsternen, die ihre Kinder ihr vor x Jahren gebastelt hatten, die sie immer noch aufgehoben hatte, und mit einigen bunten Kugeln und Lametta geschmückt. Es machte sich in ihr eine Zufriedenheit breit, weil alles bestens vorbereitet war.
Bald würden sie kommen! Ihre Lieben Kinder, Enkelsohn und Schwiegertochter. Bald war es 18 Uhr. Um diese Uhrzeit wollten sie eintreffen. Das Essen war fertig, der Tisch festlich gedeckt, die Geschenke liebevoll unter dem Baum platziert, das Essen auf dem Herd vorbereitet, die Musik leise angestellt.
19.00 Uhr – sie wurde langsam unruhig. Die Kinder waren noch nicht da. Na ja, kann ja mal sein, dass sie in einen Stau gekommen sind. Sicher fahren alle zu Weihnachten zu ihren Familien. Das verursacht schon mal Stau auf der Autobahn.
20.00 Uhr. Ihre Familie hatte sich noch nicht bei ihr gemeldet. Unruhig setzte sie sich ins Wohnzimmer und schaltete die Nachrichten ein. Eine schreckliche Nachricht ließ sie aufschreien. Auf der Autobahn war ein unglaublicher Unfall geschehen. Ein Falschfahrer hatte einen Massenunfall auf der Strecke verursacht, auf der ihre Lieben unterwegs waren. Emmely erlebte die unfassbarsten Bilder im Fernsehen, eines tragischen Unfalls und erkannte unter den Fahrzeugen, die die Kamera streifte, das Fahrzeug ihrer Kinder!
Das war ein Irrtum und konnte nicht wahr sein!!!! Ihre Beine gehorchten nicht mehr und sie brach zusammen.
Emmily wurde ohnmächtig. Stundenlang. Sie wurde erst wieder wach, als es laut an ihrer Tür klopfte, sie Rufe vernahm, die ihren Namen riefen. Sie erhob sich erschrocken vom Boden und begab sich zur Tür, ohne sich momentan der Situation bewusst zu sein.
Der Rest, den die Beamten ihr erzählten, nahm sie nur unrealistisch wahr. Sie war thraumatisiert. Psychologen nahmen sich ihrer an.
Lange Jahre hat sie gebraucht, um zu akzeptieren, was das Schicksal für sie bereit hielt. Heute kümmert sie sich um ‚Thrauma-kranke-Menschen‘, nachdem sie verstanden hat, dass man sich nicht zu viele Gedanken um nichtige Dinge, wie z.B. ESSEN, machen soll.
Ihr Ratschlag an alle Menschen ist heute der: „Freut Euch, genießt die Momente, lebt Euer Leben und das in der Gewissheit, dass alles kommt, wie es kommen soll. Behaltet Erinnerungen, aber haltet nicht an ihnen fest! Gebt Eurem Leben eine neue Chance, eine neue Richtung, einen neuen Glanz! Kümmert Euch um wichtige Dinge – nicht um Braten, Braten oder Braten…..“
© Christiane Rühmann
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